FINAL
26.09.2025

Interreligiöse Eröffnung „Vertrauen und Medizin“

MedUni Wien startet neues Studienjahr

Mit einem ökumenischen Gottesdienst zum Cosmas und Damian Gedenktag 2025 eröffnete die MedUni Wien am 26. September das neue Studienjahr.

 

Die Veranstaltung stand diesmal unter dem Motto „Vertrauen und Medizin“.  Intention ist dabei die Besinnung auf die gemeinsamen ethischen Werte, die der Haltung und dem gedeihlichen Wirken als Medizinische Universität und als Universitätsklinikum innewohnen.

 

Im Anschluss an den Gottesdienst gab es im Rahmen der interreligiösen Eröffnung Beiträge namhafter Vertreter österreichischer Religionsgesellschaften, darunter ÖBR-Präsident Professor Gerhard Weißgrab, mit Bezug auf das Thema „Vertrauen und Medizin“.

 

FINAL1

 

Hier der Beitrag von ÖBR-Präsident Weißgrab in vollem Wortlaut

 

Bei der Lehre des Buddha als nicht theistischer Religion tritt ganz wesentlich an die Stelle von Glauben das Vertrauen! Das Vertrauen darauf, dass mich diese Lehre trägt und mich heilsam durch Höhen und Tiefen meiner Existenz begleiten kann.

 

Dieses Vertrauen kann weder verordnet werden, noch vorausgesetzt. Es muss sich entfalten und willentlich gesucht und gefördert werden.

 

Im medizinischen Kontext bedeutet das, simpel dargestellt, dass beide Seiten hier für das Entwickeln und Erhalten von Vertrauen verantwortlich sind, das medizinische Personal auf der einen und Patientin und Patient auf der anderen Seite. Mir ist bewusst, dass die Ursachen für Gewinn und Verlust von Vertrauen im medizinischen Bereich einen wesentlich komplexeren Kosmos unterliegen, als nur dieser persönlichen Ebene, aber sie bildet die Basis und das Herzstück.

 

In einem buddhistischen Text habe ich einmal gelesen, Vertrauen sei die Mutter aller Tugenden und es leuchtet mir ein, denn ohne Vertrauen gibt es wohl auch keine spirituelle Praxis am Weg zum heil werden, zum Erwachen.

 

Ich bin überzeugt, es gilt genau dasselbe in der Medizin am Weg zum heil werden, am Weg von der Krankheit zur Gesundung. Auch hier führt wohl ohne Vertrauen kaum ein Weg zur Heilung, und wenn doch, ist dieser Weg um ein Vielfaches mühsamer und weniger effizient.

 

Es mag unterschiedliche Formen von Vertrauen geben, dabei auch solche, die nicht als heilsam anzusehen sind. Dazu würde ich das blinde Vertrauen zählen, wie auch jedes Vertrauen, dem keine kritische Prüfung vorangegangen ist.

 

Aus dem buddhistischen Kontext, mit Blick auf Vertrauen in der Medizin, könnte man drei Einteilungen treffen:

 

1. Das Vertrauen in uns selbst

Auch im Falle von Krankheit und Leid bleibt es in unserer Verantwortung, das zu erkennen und unserer Wahrnehmung zu vertrauen und aus diesem Vertrauen die ersten Schritte zu setzen.

 

 2. Das Vertrauen in die anderen

Dabei gilt es den Personen unser Vertrauen zu schenken, in deren Hände wir uns begeben, um unsere Krankheit behandeln, im besten Falle heilen zu lassen.

 

3. Das Vertrauen in das Leben grundsätzlich

Der dritte Schritt übersteigt die persönlichen Ebenen und verlangt von uns ein grundsätzliches Vertrauen in das Ganze, eine Art von Grundvertrauen, man könnte auch Resilienz sagen. Pointiert könnte man hier auch davon sprechen, einfach Ja zur Unbeständigkeit und Unkontrolliertheit des Lebens zu sagen!

 

So wie unser Leben zum Beispiel durch Krankheit erschüttert werden kann, kann auch Vertrauen erschüttert werden. Daher ist es wichtig, mögliche Ursachen solcher Erschütterungen schon im Vorfeld zu erkennen und ihnen entgegen zu treten. Aus meiner Sicht auch eine ganz wichtige Aufgabe im Rahmen einer verantwortungsvollen Ausbildung.

 

Beispielhaft seien hier nur ein paar solcher Ursachen erwähnt:

  • Fehlende Glaubwürdigkeit und Authentizität
  • Intransparenz
  • Mangelnde Offenheit der Entscheidungsprozesse

Und gerade dann, im medizinischen Bereich, wenn nicht das Wohl des einzelnen Menschen, sondern wirtschaftliche oder andere Interessen im Zentrum stehen.

 

Abschließend eine kleine Ermutigung

 

Der Schüler betrachtet sein Spiegelbild und denkt dabei, „ich vertraue mir nicht!“ Der Meister sagt: „Vertrauen kommt dann, wenn du erkennst, dass der Spiegel nur eine Momentaufnahme zeigt, dein innerer Kern bleibt unverändert!“

 

Prof. Gerhard Weißgrab

Präsident der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft

Wien, im September 2025



weitere Beiträge

facebook: Buddhismus in Österreich instagram: Buddhismus in Österreich youtube: Buddhismus in Österreich